Die heutige Lage

Mit dem Zusammenbruch des Kommunismus in der Sowjetunion und der Öffnung der Grenzen änderte sich allerdings diese Zahl in kürzester Zeit wieder: Binnen weniger Jahre kamen schätzungsweise an die 80 000 getaufte russische orthodoxe Christen nach Deutschland, von denen allerdings viele noch keine engere Bindung an die Kirche entwickelt haben. Etliche prägen jetzt das Leben der Gemeinden und haben dort eine echte Wiederbelebung des Gemeindelebens bewirkt, denn zum einen handelt es sich überwiegend um jüngere Menschen, zum anderen ist ihre Bindung an das Heimatland viel enger als bei den alten Gemeindemitgliedern aus der Emigration. So sind an etlichen Orten inzwischen neue lebendige Pfarreien mit Sonntagsschulen und Sozialeinrichtungen entstanden.

Der neuen politischen Entwicklung in Deutschland hat das Moskauer Patriarchat Rechnung getragen, indem es die drei Diözesen in Deutschland im Dezember 1992 zu einer einzigen Berliner Diözese der Kirche zusammengefasst hat, vom Senator für kulturelle Angelegenheiten in Berlin 1992 der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen worden ist. Erster Vorsteher der vereinten deutschen Diözese wurde Erzbischof Feofan (Galinski). Die bisherige Diözese von Düsseldorf wurde zur Ständigen Vertretung der Russischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats in Deutschland erhoben. Ihr ist die Wahrnehmung aller Angelegenheiten von Kontakten zu kirchlichen, staatlichen, sozialen und anderen vergleichbaren Institutionen in Deutschland übertragen worden. Als Ständiger Vertreter amtiert der frühere Bischof von Düsseldorf Erzbischof Longin (Talypin) von Klin.

In einigen Gemeinden des Moskauer Patriarchats werden trotz der deutlichen Zunahme der russischsprachigen Gläubigen weiterhin nicht nur russischem sondern auch deutsche Gottesdienste gefeiert, denn viele Gemeinden sind multinational zusammengesetzt. Etwa die Hälfte der Geistlichen sind Deutsche. Die Zeitschrift der Berliner Diözese “Stimme der Orthodoxie” wird in deutscher Sprache publiziert, der Kurier der Düsseldorfer Vertretung “Pokrow” hingegen überwiegend in Russisch.

Trotz aller Versuche, die Abspaltung von der Russischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats zu heilen, ist dies bis heute nicht gelungen. Wenn auch in jüngerer Zeit Kontakte zwischen dem Moskauer Patriarchat und der Auslandskirche geknüpft werden konnten, ist es offenbar doch noch ein weiter Weg bis zu einer Rückkehr der Auslandssynode zur Mutterkirche.

Aus der Überzeugung heraus, dass das kirchliche Handeln orthodoxer Gemeinden in Deutschland der innerorthodoxen Einheit Rechnung tragen muss, haben die orthodoxen Kirchen, die in diesem Land durch Bistümer oder Gemeinden vertreten sind, am 12. Mai 1994 in Dortmund eine gemeinsame “Kommission der Orthodoxen Kirchen in Deutschland” gegründet. Ihr gehören alle sechs kanonischen orthodoxen Kirchen des Landes an, nämlich:

  • das Ökumenische Patriarchat mit der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland und dem Erzbistum der orthodoxen russischen Gemeinden in Westeuropa;
  • die Griechisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien mit dem Exarchat von Westeuropa;
  • die Russisch-Orthodoxe Kirche mit der Berliner Diözese des Moskauer Patriarchates;
  • die Serbische Orthodoxe Kirche mit der Diözese für Mitteleuropa;
  • die Rumänische Orthodoxe Kirche mit der Metropolie für Deutschland und Zentraleuropa;
  • die Bulgarische Orthodoxe Kirche mit der Diözese von West- und Mitteleuropa.

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